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Neue PSA Verordnung

Interview mit Hr. Salamone von der Fa. Ansell

Warum gibt es eine neue PSA Verordnung und welche Änderungen bringt diese mit sich?

Bei der Klärung dieser und weiterer Fragen hatten wir professionelle Unterstützung in Person von Hr. Piero Salamone von der Fa. Ansell, der uns freundlicherweise in einem Interview Rede und Antwort stand.

Zunächst einmal, was ändert sich und warum?

Es wird eine neue EU-Verordnung erlassen: die PSA-Verordnung (EU) 2016/425. Diese führt ein tiefgreifenderes System von Gesetzesvorschriften ein, das sicherstellen wird, dass alle in Europa erhältlichen PSA-Produkte die aktuell geltenden gesetzlichen Anforderungen erfüllen und somit gefahrlos in den Verkehr gebracht werden können.

Die neue Verordnung ersetzt die PSA-Richtlinie 89/686/EWG, in deren Rahmen ausschließlich der Hersteller für den Verkauf von mit den Gesetzen und Vorschriften konformen PSA-Produkten verantwortlich war. Die Verordnung 2016/425 ist strenger in Bezug auf die Gültigkeit der Zertifizierung und der Einhaltung der Vorschriften und orientiert sich an dem neuen Rechtsrahmen, der klare Anforderungen für alle Wirtschaftsakteuren in der Lieferkette enthält.

Warum dieser Wechsel von einer Richtlinie zu einer Verordnung?

Innerhalb der EU muss eine Richtlinie von jedem einzelnen Mitgliedstaat in nationales Recht umgesetzt werden. Diese Verpflichtung erschwert eine Harmonisierung und führt zu Diskrepanzen innerhalb der EU. Eine Verordnung erhält, gleichzeitig und ohne Änderungen oder Integritätsverlust, Gesetzeskraft in allen 28 EU-Staaten.

Was ändert sich?

Es gibt Änderungen in vier Kernbereichen, die ich einzeln ansprechen werde. Kurz gesagt sind diese Bereiche:

  1. Test- und Zertifizierungsverfahren
  2. Eindeutigere, auf den jeweiligen Risiken basierende Unterteilung in Kategorien
  3. Erweiterte Rückverfolgbarkeit
  4. Erweiterte Verpflichtungen innerhalb der Lieferkette

 

  1. Test- und Zertifizierungsverfahren

Alle zum Verkauf angebotenen PSA müssen nach der Verordnung 2016/425 und somit nach dem neuesten Stand der Technik zertifiziert werden.  In einigen Fällen müssen diese auch erneut getestet werden.

Die Produkte müssen von einer EU-Konformitätserklärung (EU DoC.) begleitet werden. Diese erklärt, dass das Produkt die Anforderungen der Verordnung erfüllt, und verweist auf die Risikokategorie in Verbindung mit dem vorgesehenen Verwendungszweck des Produkts.

Für Produkte, die bereits gemäß der bisherigen Richtlinie und den geltenden alten Normen getestet und zertifiziert wurden, muss das erneute Test- und Zertifizierungsverfahren durchgeführt und vor Ablauf der Gültigkeit des bestehenden Zertifikats abgeschlossen werden. Falls kein Gültigkeitsdatum zur Anwendung kommt, läuft die Frist für eine Neuzertifizierung am 21. April 2023 ab.

 

  1. Eindeutigere, auf den jeweiligen Risiken basierende Unterteilung in Kategorien

Die Verordnung unterteilt Risiken nun eindeutig in Kategorien (d.h. Kat. I, Kat. II und Kat. III). Der Großteil bleibt unverändert, aber einige Risiken wurden nun der Kategorie III — Schutz vor tödlichen Gefahren und irreversiblen Gesundheitsschäden — zugeordnet. Zu diesen Gefahren gehören: schädliche biologische Agenzien, gesundheitsschädliche Lärmbelastung, Schnittverletzungen durch handgeführte Kettensägen, Verletzungen durch Projektile oder Messerstiche, Hochdruckstrahl und Ertrinken. Eine für diese Risiken entwickelte PSA muss zur Erfüllung der neuen Anforderungen erneut getestet und zertifiziert werden. Für sie muss außerdem eine neue EU-Konformitätserklärung ausgestellt werden.

 

  1. Erweiterte Rückverfolgbarkeit

Die erweiterte Rückverfolgbarkeit soll der Marktüberwachungsbehörde die Verbannung von gefährlichen oder unvorschriftsmäßigen PSA-Produkten aus dem Markt erleichtern. Die Rückverfolgbarkeit durch eine verpflichtende Produktkennzeichnung (beispielsweise Angabe einer einzigen europäischen Postanschrift) vereinfacht die Rückverfolgung zu Akteuren, die unvorschriftsmäßige Produkte in den Verkehr gebracht haben. Das bedeutet, Hersteller und Händler von unvorschriftsmäßigen PSA-Produkten können schnell identifiziert und Rückrufaktionen kurzfristiger gestartet werden; gefördert wird somit die Praxis einer umfassenden Dokumentierung der Erfüllung von Gesetzen und Vorschriften.

 

  1. Erweiterte Verpflichtungen innerhalb der Lieferkette

Der Hersteller ist weiterhin zuständig für das Test- und Zertifizierungsverfahren und die EU-Konformitätserklärung, aber die gebührenden Sorgfaltspflichten wurden auf Importeur und Händler ausgeweitet.

Importeur und Händler sind nun gesetzlich zur Gewährleistung verpflichtet, dass sie ausschließlich vorschriftsmäßige PSA-Produkte in den Verkehr bringen. Das bedeutet, sie müssen bestätigen, dass die vorgeschriebene Konformitätsbewertung vom Hersteller durchgeführt wurde. Gibt es Anlass für die Annahme, dass ein PSA-Produkt die Gesetze und Vorschriften nicht erfüllt (und somit ein Gesundheits- und Sicherheitsrisiko darstellt), muss der Importeur oder Händler dieses Produkt vom Markt nehmen und diese Maßnahme der jeweils zuständigen Marktüberwachungsbehörde melden.

Der Importeur und Händler müssen darüber hinaus garantieren, dass die Lagerungs- und Transportbedingungen während des Zeitraums, in dem sie für das PSA-Produkt verantwortlich sind, dessen Gesetzes- und Verordnungskonformität nicht gefährdet.

Wenn der Importeur oder Händler ein Produkt ändert, wird er außerdem zum sogenannten „Hersteller“ und muss die für den Hersteller geltenden Anforderungen erfüllen.

Welche Konformitätsfristen und -termine setzt die neue Verordnung?

Die neuen Anforderungen wurden offiziell im März 2016 veröffentlicht. Somit wurde eine faire und frühzeitige Vorwarnzeit gegeben. Es handelt sich hier auch um einen Übergangsprozess, aber es gibt Kernfristen, die alle Akteure innerhalb der Lieferkette kennen sollten.

Die formelle Übergangszeit beginnt am 21. April 2018 mit einer Konformitätsfrist bis 21. April 2019. An diesem Datum wird die alte Richtlinie ungültig und durch die Verordnung ersetzt. Das bedeutet, dass neue Produkte zwischen diesen Fristen sowohl gemäß der Richtlinie als auch Verordnung veräußert werden können. Ab 2019 dürfen dann nur noch neue Produkte in Verkehr gebracht werden, die alle Anforderungen der neuen Verordnung erfüllen.

 

Für bereits auf dem Markt befindliche Produkte, die gemäß der ehemaligen Richtlinie getestet und zertifiziert wurden, muss das erneute Test- und Zertifizierungsverfahren vor Ablauf der Gültigkeit des vorhandenen Zertifikats abgeschlossen sein. Falls kein Gültigkeitsdatum zur Anwendung kommt, läuft die Frist für eine Neuzertifizierung am 21. April 2023 ab.

Welche Auswirkungen hat die neue PSA Verordnung für die Kunden in Industrie, Handwerk und Behörden?

Mit der neuen PSA-Verordnung wurden folgende Risiken der Kategorie III - Schutz vor tödlichen Gefahren und irreversiblen Gesundheitsschäden – zugeordnet:

- Schädliche biologische Agenzien
- Schädlicher Lärm
- Schnittverletzungen durch handgeführte Kettensägen
- Verletzungen durch Projektile oder Messerstiche
- Hochdruckstrahl
- Ertrinken

Als Konsequenz daraus, ergibt sich für den Unternehmer nach § 31 DGUV Vorschrift 1 die Pflicht seine Beschäftigten, die PSA gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden einsetzen, die nach § 3 Absatz 2 der PSA-Benutzungsverordnung bereitzuhaltende Benutzungsinformation im Rahmen von Unterweisungen mit praktischen Übungen zu vermitteln.

Hat die neue Verordnung Auswirkungen auf die Produktqualität und Sicherheit der Mitarbeiter?

Zunächst wird mit der Limitierung der Laufzeit des Zertifikats der jeweiligen PSA auf fünf Jahre sichergestellt, dass die betreffende PSA den Entwicklungen der neuesten geltenden Normen folgt. Zudem wird mit der erweiterten Rückverfolgbarkeit, die neben dem Hersteller nun auch den Importeur und den Händler miteinschließt, den Marktüberwachungsbehörden die Arbeit erleichtert, gefährliche oder unvorschriftsmäßige PSA-Produkte aus dem Markt zu verbannen und Akteure zu identifizieren, die diese PSA-Produkte in Verkehr gebracht bzw. auf dem Markt bereitgestellt haben.
Letztlich sind alle Akteure in der Liefer- und Vertriebskette, das bedeutet der Hersteller, Importeur und Händler, gesetzlich dazu verpflichtet ausschließlich vorschriftsmäßige PSA-Produkte in den Verkehr zu bringen bzw. bereitzustellen.
Dies wird die Produktqualität und die Sicherheit der Mitarbeiter zukünftig weiter stärken.

Wie hat sich Ansell auf die neuen Herausforderungen vorbereitet?

Ansell strebt im Zuge der neuen PSA-Verordnung an, die Zertifikate seines gesamtes PSA-Portfolios bis zum 21. April 2019 zu erneuern sowie die PSA-Kennzeichen und Gebrauchsanweisungen anzupassen. Die EU-Konformitätserklärung wird aktualisiert und ist über einen Weblink (www.ansell.com/regulatory) leicht zugänglich, der auch in der Gebrauchsanweisung angegeben ist. Darüber hinaus wird Ansell ein robusteres internes Rückverfolgbarkeitssystem für die effiziente Bearbeitung und Verwaltung von Reklamationen oder Produktrückrufen implementieren und hat einen formellen Prozess zur Überprüfung der proklamierten Produkteigenschaften implementiert, mit dem Ansell jederzeit die vollständige Einhaltung der Vorschriften gewährleisten kann.

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